Ich habe in der falschen Stadt studiert

…jedenfalls, was die Freizeitgestaltung angeht. Das ist mir heute Abend mal wieder klar geworden. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen:  Ich bin sehr froh darüber, mein Diplom an der Uni Karlsruhe gemacht zu haben und wohne auch ganz gerne in Karlsruhe. Aber schon im ersten Semester fuhr ich jeden Mittwoch nach Mannheim, um dort im Kammerchor der Musikhochschule zu singen, weil es etwas Vergleichbares in Karlsruhe einfach nicht gab (und gibt). Heute habe ich im Heidelberger Unichor ausgeholfen und fand es faszinierend, mich anschließend beim Bergbahn-Griechen auch einmal mit Geisteswissenschaftlern über Themen zu unterhalten, bei denen ich in Karlsruhe entweder Schulterzucken oder gar Kopfschütteln geerntet hätte.

Natürlich finde ich es als Informatiker in Karlsruhe toll, doch als Humanist und Musiker zieht es mich dann doch immer wieder am Wochenende nach Mannheim, Heidelberg oder sogar Saarbrücken. Und selbst als Party- und Kneipengänger muß ich sagen, daß ich die besten Abende in dieser Hinsicht in Mannheim verbracht habe, obwohl ich oft die Abfahrtszeiten der letzten (oder ersten) S-Bahn nach Karlsruhe bzw. Mosbach im Auge behalten mußte. Die Karlsruher Musikhochschule kann man in dieser Hinsicht – was meine Erfahrungen betrifft – leider vergessen, zu oft kam ich mir hier wie bei der kleinen langweiligen Schwester von Mannheim vor. Im nachhinein gesehen habe ich mir manchmal überlegt, ob es sich nicht gelohnt hätte, eine Wohnung in Mannheim statt in Karlsruhe zu mieten, so oft wie ich in Mannheim war.

Karlsruhe hat auch seine guten Seiten – Einrichtungen wie das Z10 oder das AKK sucht man in Mannheim oder Heidelberg vergeblich, genauso wie eine 24-Stunden-Bibliothek oder flächendeckendes WLAN. Auch der zusammenhängende Campus und die (im Vergleich) recht gute Mensa machen viel aus, vom Nahverkehrssystem in Karlsruhe ganz zu schweigen. Und klar, the grass is always greener on the other side. Doch nach so einem Wochenende in Heidelberg wird man schon etwas romantisch und wünscht sich, an einer Uni studiert zu haben, die etwas weniger technokratisch drauf ist und an der der Frauenanteil über 10% liegt.

4 Antworten auf „Ich habe in der falschen Stadt studiert“

  1. a) Du warst am WE in HD und hast nix gesagt => minus punkte
    b) Nerds sind besser als Künstler.. das ist einfach so. 🙂

  2. – Offensichtlich lernt man in KA außerdem keine Rechtschreibung, das sät Missfallen und erntet erwähntes Kopfschütteln 🙂

    – Zieh doch in die Mitte, Bruchsal oder Walldorf sind auch nett. Naja, und ländlich.

    – Hmpf, sooo toll ist das in HD jetzt aber auch nicht; fahre z.B. hier mal regelmäßig Straßenbahn oder Bus, insbesondere wenn Du öfters unter Zeitdruck vom Feld zum Uniplatz musst…

  3. Hm, Rechtschreibung hab ich in Mosbach gelernt (vor 1994) und im nachhinein im Artikel zwei Fehler gefunden, die ich jetzt korrigiert habe. Daß ich die alte Rechtschreibung nehme, heißt ja nicht, daß ich die neue nicht könnte, ich mag sie einfach nicht…

  4. Ausgebildete Geisteswissenschaftler gibt es auch im Karlsruher Kammerchor. Vielleicht muss man sie mit der Lupe suchen, denn sie geben sich nicht immer unbedingt gleich zu erkennen. Aber es gibt sie, und man kann mit ihnen durchaus beispielsweise über Textur und Verknüpfsmechanismen in den Werken von Monet, Bach oder der Pat Metheny Group sowie in der Literatur diskutieren oder auch über das Fortleben der Konstituenten des Elisabethanischen Theaters in StarTrek Next Generation.
    😉
    Aber es stimmt schon: KA ist ein sehr dröges Pflaster.

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