Ich bin ein Bahn-Hasser-Hasser

Jeder hat ja eine Spezies Mensch, mit der er nicht unbedingt gerne ein Abteil im ICE teilen würde. Darunter fallen bei mir Hausfrauen-Gruppen mit Sektflaschen und Plastikbechern, Handy-Klingelton-Durchprobierer oder auch Menschen, die meinen, auf dem Laptop Filme ohne Kopfhörer schauen zu müssen. Am letzten Wochenende wurde mir aber mal wieder klar, daß es außerdem noch eine Art Mensch gibt, die mir besonders auf die Nerven geht: Den Bahn-Hasser.

Zwar gehörte ich am letzten Wochenende auch zu einer recht unangenehmen Gruppe, nämlich den angetrunkenen, lautstark Skat spielenden Männerchor auf der Heimreise von einer Party – aber darum soll es hier nicht gehen, sondern um die Spezies des Bahn-Hassers. Man erkennt ihn oder sie an folgenden Eigenschaften:

  • Er fährt normalerweise nicht Bahn, sondern nur ausnahmsweise mal heute.
  • Er teilt seinen Frust über die Deutsche Bahn gerne am Telefon mit denjenigen, zu denen er auf dem Weg ist, oder auch mit völlig Fremden im Großraumabteil (die ihm natürlich beipflichten, wie recht er doch habe).
  • In jedem zweiten Satz kommt einer der folgenden Sätze und Begriffe vor:
    • “Scheiß-Bahn!”
    • “Das nächste mal nehme ich den Flieger!”
    • “Das war das letzte mal, daß ich mit der Bahn gefahren bin!” (Schön wär’s…)
    • “Man wird ja über nichts informiert!”
  • Er liest Bücher wie “Senk ju vor träwelling” und “Das Bahnhasser-Buch”.
  • Er besitzt eine völlige Unkenntnis der Tarife und des Fahrplans  der Bahn, beschwert sich aber lautstark darüber, daß er von niemandem Informationen erhält. Er schimpft auf die Bahn, als er erfährt, daß man in Regionalzügen keine Tickets lösen kann oder daß sein Wochenend-Ticket im IC nicht gilt.
  • Er hat natürlich keine BahnCard, beschwert sich aber darüber, wie unglaublich teuer die Bahn doch sei.
  • Selbst bei -15°C und Sturm beschwert er sich über 20 Minuten Verspätung. Er erwartet natürlich, daß seine Anschlußzüge auf ihn warten, motzt dann aber, wenn sein Zug verspätet ist.
  • Wenn er wirklich mal zwei Stunden Verspätung hat, behauptet er steif und fest, dies sei ihm mit dem Auto bzw. dem Flugzeug noch nie passiert.
  • Er ist zu knausrig für die 2€, die ihn eine Reservierung gekostet hätte, meckert aber wiederum über die “Scheiß-Bahn”, wenn er keinen Sitzplatz mehr bekommt.
  • Hält der Zug einmal auf offener Strecke, beschimpft er auch gerne den Lokführer als Idioten.

Die Sorte Mensch schimpft wahrscheinlich auch über die Autobahnbaustellen, über Rasenmäher vor seinem Bürofenster und über Straßensperren der Polizei. Das bekommt man zum Glück aber nicht mit. Ich jedenfalls gehöre mittlerweile zu den Bahn-Hasser-Hassern, die nichts dagegen hätten, wenn diese Art Mensch ihre Androhung wahrmachte und sich in Zukunft über Baustellen, Staus und verspätete Flugzeuge aufregt.

3 Antworten auf „Ich bin ein Bahn-Hasser-Hasser“

  1. Nun… gibt es auch Bahnhasser, die durch vier Jahre bahn.card 100 Besitzes tatsächlich aus eigenen Erfahrungen sprechen. Und ja… man wird wirklich über nix informiert. Und auch ja… es ist zu teuer. 🙂 Und ja… die S-Bahn in Bruchsal fährt einem vor der Fresse weg und das jeden Montag. Weil: die S-Bahnen sind ja eine andere Firma.

  2. Ach, kämpfe tapfer… Das Problem ist, dass Erwartungshaltung und Realität leider nicht übereinstimmen. Zudem muss man seine “Freiheit” aufgeben und sich dem Diktat des Bahnverkehrs unterwerfen. Ich fahre oft und durchaus gerne Bahn, aber es gibt immer wieder Situationen, die einen (ver)zweifeln lassen. Außerdem haben 40.000 km/Jahr autofahren deutlich mehr Spaß gemacht 🙂

  3. Die Idiotie einer Großzahl autofahrender Zeitgenossen, die mir seit Antritt meines neuen Jobs allmorgendlich auf der A 5 zwischen Freiburg und Lahr begegnet, lässt mich noch nachgiebiger gegenüber der Bahn sein. Da muss man sich zwar ab und an auch ärgern, aber die Mitmenschen, mit denen man zu tun hat, gefährden einem zumindest nicht Leib und Leben.

    Die Bahn-Hasser lassen sich meistens durch ein paar Fakten besänftigen – die Unverbesserlichen sind m.E. Leute, die ihren vermeintlichen schrankenlosen Individualismus nicht aufzugeben in der Lage sind.

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