Was bringen HDTV und Digitalfernsehen, wenn die Hälfte der Leute entweder zu doof ist, die teuer gekauften Geräte richtig zu konfigurieren, oder, noch schlimmer, sogenannte “Fachleute” sie ihnen völlig falsch anschließen?
Gestern war ich bei einem, sagen wir, gut verdienenden Bekannten, der sich eine nicht gerade billige Multimedia-Anlage ins Wohnzimmer hat einbauen lassen. Wir freuten uns schon auf das Fernseh-Erlebnis, doch als das Bild auf die Leinwand kam, war sein erster Kommentar: “Tut mir leid, schärfer wird das Bild nicht.” Fernsehen in PAL-Auflösung sieht bei Bilddiagonalen von über zwei Metern immer ein wenig matschig aus, dachte ich mir, aber irgendwie war die Sache trotzdem seltsam. Ein kurzer Blick hinter den Medienturm mit HDTV-Empfänger, 5.1-Anlage und Festplattenrekorder verriet mir auch sofort, warum. Der Fernsehtechniker, der das Teil installiert hatte, hatte die Verbindung zwischen Empfänger und Projektor über ein Koaxial-Kabel und den normalen Composite-Anschluß hergestellt!
So ein Kabel — das bestimmt auch nicht billig war — läßt sich zwar wunderschön unterputz verlegen, am Ende mit Steckern versehen, und funktioniert auch bei Kabellängen über 10m noch zuverlässig. Das Bild sieht dann aber auch dementsprechend aus. Sehr witzig fand ich in dem Zusammenhang auch das “HDTV”-Symbol auf dem Receiver, der blanke Witz, obwohl man bei KabelBW mittlerweile tatsächlich freie HDTV-Programme empfangen könnte.
Dazu fiel mir gestern eine Geschichte aus meiner Kindheit ein: Als wir in Mosbach Ende der 80er Jahre Kabelfernsehen bekamen, installierte uns ein sogenannter Fernseh-Elektriker die notwendige Verkabelung im Haus. Unser alter Loewe-Fernseher im Wohnzimmer mußte natürlich auch auf die damals 15 Programme [1] eingestellt werden. Daran scheiterte der Elektriker leider, und meinte, man könne nur neun Programme belegen (denn die Fernbedienung hatte ja nur Tasten von 0-9). Ob er uns damit einen neuen Fernseher aufschwatzen wollte oder ob er es wirklich nicht besser wußte, kann ich heute nicht mehr sagen. Jedenfalls protestierte ich (damals sieben Jahre alt) lautstark, daß man sehr wohl mehr als neun Programme einstellen könne, worauf meine Mutter mich natürlich bremste, denn der Herr sei doch schließlich vom Fach. Allerdings hat er sich dann doch überzeugen lassen, daß man mit der “-/–“-Taste sehr wohl auf die höheren Programmplätze schalten konnte, was ihm anscheinend neu war, und so bekamen wir dann doch alle 15 Programme. Ja, ich war eben schon mit sieben Jahren ein Nerd, denn ich hatte es zum Hobby, die Anleitungen des Fernsehers und unseres Video2000-Rekorders als Bettlektüre zu lesen. 🙂
Heute lese ich zwar keine Anleitungen mehr zum Einschlafen, aber mit mit den “Fachleuten” geht es mir nicht anders. Das Gefühl kennt wahrscheinlich jeder, der schon einmal beim Mediamarkt 16:9-Bilder auf einem 16:9-Fernseher mit Trauerrand oben und unten, also de facto in 16:6,75, gesehen hat. (Siehe Fotomontage oben.) Das Personal dort gehört wahrscheinlich zu der gefühlten Mehrheit der Menschen, die gerne breitgezogene Bilder sehen, oder die den Unterschied gar nicht merken. Zu 4:3-Zeiten war es ja üblich, daß die meisten Leute auf ihren neuen Breitbildfernsehern das Bild vollflächig und verzerrt eingestellt hatten, das aber unbedingt so wollten. Ich habe jedenfalls schon böse Kommentare von Verwandten bekommen, denen ich den Fernseher “verstellt” (sprich: richtig eingestellt) hatte, sodaß ich es wieder rückgängig machen mußte.
Jetzt, wo die meisten Sendungen in 16:9 ausgestrahlt werden, sollte man meinen, es gäbe dieses Problem nicht mehr. Aber ständig sieht man falsch eingestellte Seitenverhältnisse — dazu muß man sich nur mal die Schaufenster in der Karlsruher Fußgängerzone anschauen. Früher gab es doch mal sowas wie “automatische Formatumschaltung”, das konnte schon unsere 16:9-Grundig-Röhre. Aber in Zeiten von externen Digitalempfängern ist das wohl passé. Insofern schon ein technischer Rückschritt gegenüber den PALplus-Zeiten.
[1] Wenn ich mich recht erinnere: ARD, ZDF, Südwest3 BW, Südwest3 RP, Sat.1, RTL.plus, 3sat, 1PLUS, BR, WDR, Tele5, Sky Channel, Eurosport, TV5 und Eureka. Die Reihenfolge unserer Programmplätze ergab sich damals aufsteigend aus den Kabelfrequenzen der Sender. Das hat sich bei mir heute noch teilweise erhalten, z.B. habe ich auch auf meiner dbox 3sat auf Platz 7, Bayern3 auf Platz 9, und ProSieben (der Nachfolger von Eureka) auf Platz 15.
Als neuer Flachbildeigentümer kann ich die Probleme teilweise nachvollziehen.
Mein Fernseher erkennt automatisch das Format, aber bei dem Konglomerat Sat1/Pro7/Vox/Kabel1/RTLII sehe ich oft Sendungen, die dann gequetscht aussehen (in die Breite gezogen) und ich finde keine Einstellung, die das korrigieren kann.
Habe den Eindruck, dass einfach normales Material so n bisschen auf 16:9 gezerrt wird, um zwangsweise 16:9 anbieten zu können. Wie schrecklich. Werbung und Trailer laufen allerdings wunderbar in den Pausen unverzerrt